Dienstag, 5. August 2014

Safina - das erste Projekt

 

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten (Organisation, Erreichbarkeit und Sprache) fand ich endlich denWeg zu dem ersten Projekt, in dem ich hier arbeite. 
SAFINA. Die Arche. Und genau das tun sie. Sie sammeln auf. Beherbergen, peppeln auf, unterstützen, trösten, motivieren und organisieren. 
Im Großen und Ganzen leisten sie wirklich eine Menge!
Orte an denen Straßenkinder normalerweise rumhängen werden regelmäßig abgefahren und kontrolliert.
Familien werden gesucht, Kinder zurückgebracht, nicht aber ohne regelmäßige Überwachung, ob es 
ihnen dort auch gut geht. Falls nicht, wird medizinische Hilfe geleistet, den Kindern eine 
Übergangsfamilie oder ein Bett im Heim gesucht. Es wird zusammen gesungen, gekocht und geputzt 
und es wird dafür gesorgt, dass alle Kinder die Schule besuchen. Auch für die Kosten kommt SAFINA 
auf, so gut dies eben mit Spendengeldern geht. Zwar brüstet sich die Regierung damit, dass die 
Grundschule sowie manche secondary schools kostenfrei sind, dennoch werden Schuluniformen, 
Bücher, Hefte, Stifte und Essensgeld gebraucht.
In dem so genannten "Drop in Center" in Dodoma, wo ich bin, können Kinder und Jugendliche von 
überall vorbeischauen, wenn sie Hunger, Probleme oder kein Dach über dem Kopf haben.
Auch Drogen spielen leider eine immer größere werdende Rolle. Klebstoff ist hierbei der Favorit, da es 
günstig und sehr wirksam ist. Wie gesundheitsschädigend Klebstoff schnüffeln ist, ist nur teilweise 
bekannt bei den Kids und manchmal auch gänzlich egal. Auch hier leistet SAFINA Hilfe in Form von 
Unterstützung von Entzügen und dem Aufspüren von Dealern mithilfe ehemals abhängiger Kids und 
in Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei.
Ich war also angekommen bei SAFINA und merkte sehr schnell, dass ich mich zwar beim
Nachmittagsprogramm der Kinder, beim Spielen und kochen und putzen ganz gut einbringen konnte, 
bei den wirklich schwierigen Fällen aber relativ nutzlos war, da nur Swahili gesprochen wurde und ich 
weder mit der Polizei, noch mit der betreffenden Familie wirklich kommunizieren konnte. 
Mal an dieser Stelle: kein Vorbereitungs-Sprachkurs (der bei mir ja sogar gänzlich fehlt) kann hier was 
dran ändern. Wenn ein Vater sein Kind blutig prügelt und du es aus dem Haus holen musst, dann kannst
 du entweder fließend und "behördisch sprechen oder du lässt es jemanden machen, der eben dies 
kann und mit Situation, Kind und Behörden bekannt ist.
Denn bei dem Geschrei und mit Pech noch dem falschen Polizisten, kann das ganz schön schief gehen.
So beschränke ich mich erstmal aufs anschließende Pflaster aufkleben und in den Arm nehmen, wobei 
man sagen muss, die Kinder hier sind der Wahnsinn. 
Durch meine Arbeit als Trainerin und Betreuerin hab ich schon unendlich viele Kinderäuglein trocken 
gewischt. Mal war es Heimweh, mal gewann die falsche Mannschaft und mal war ein anderes Kind 
gemein.
Hier fließen selten Tränen, auch nach einem Riesendrama eher nicht, die Kinder sind eher super happy, 
dass es vorbei ist und singen und lachen mit dir (wobei es natürlich immer charakterliche Unterschiede 
gibt aber mal so im Durchschnitt gesprochen).
Überhaupt begegnen mir, trotz teilweise unschöner Situationen am meisten lachende Kinder. Sie 
umarmen gern und freuen sich wie Sau, wenn ich ihnen auf Swahili antworte (ich schätze es klingt 
so lustig ;)). Eine andere Welt.
Jedenfalls bewundere ich die Leute von SAFINA. Der Koordinator (und netteste Mensch der Welt, 
Patrick) hat neben seinen 4 eigenen Kindern nochmal gleich 7 adoptiert, die Fotos durfte ich beim 
Wände streichen bewundern, bei dem er die ganze Zeit fröhlich ein Liedlein trällerte (immerhin 8 
Stunden lang) und mir dies und jenes über Leben, Land und Kinder erzählte.
Ich jedenfalls packe erstmal an, wo ich kann (heute war's ein Baumstamm, der aufs Autodach musste, 
Himmel bin ich fertig), bringe Englisch bei, wann immer es geht (dringend nötig, da die secondary 
schools, vom Unis ganz zu schweigen nur auf Englisch unterrichten, die meisten Leute und vor allem 
Kinder aber grade mal "how are you" rauskriegen) und lerne im Gegenzug fleißig Swahili von den Kids, 
die sich nun meiner angenommen haben. Habe sogar ein Lernbuch bekommen, da stehen wichtige 
Sätze drin wie "der Schmetterling hat schöne Farben" und "Dieses Radio ist meins!" ;)
Außerdem gibt die Umgebung, einige Gespräche viel neuen Input für die Bachelorarbeit, die grad 
schon fleißig strukturiert und vorgearbeitet wird. Der Feinschliff ist hier natürlich technisch (vor allem 
Literaturtechnisch) nicht so ganz möglich aber noch ist ja auch nix angemeldet.
Die ersten beiden Kinder, die ich kennenlernte heißen übrigens Paulina und Anna, tauscht die As 
gegen Es und ich habe schon mal zwei meiner Lieben hier bei mir, zumindest namentlich :)
Paulina ist mein ganz besonderer Schatz. Sie wurde gerade von meinem Vermieter, dem Direkter der 
international school hier, und seiner Frau adoptiert und kommt öfter mal zum Spielen, wenn die 
"Mummy" und "Dadda" nicht mehr mit ihrer Energie mithalten können.
Paulina hat die Gabe, in einem Restaurant die Alleinunterhalterin zu spielen und damit sämtliche 
Herzen für sich zu gewinnen. Während "Mummy" und "Dadda" manchmal schon etwas peinlich berührt 
zu ihrem kleinen Wildfang schielen und den 3 Kellnern, die sie gerade mit ihren Geschichten fasziniert, 
entschuldigend zulächeln, erinnert sie mich außerordentlich an ein kleines Leönchen im Sommerurlaub 
mit ihrer lieben Mutter und ich bin begeistert von ihrem Charme und Witz, obwohl sie von Klein auf 
Schreckliches erlebt hat.
In selbigem Restaurant übrigens, in das WJ (Vermieter, Schuldirektor und "Dadda", übrigens nicht 
weniger kontaktfreudig als sein Mädchen) mich und meinen Zimmernachbar Cody, der als einziger 
Lehrer über die Ferien hier geblieben ist, einlud, erzählte mir WJ von seiner Not, Tanz- und Sportlehrer 
für das nächste Semester zu brauchen. Ich erwähnte nebenbei, ich hätte Trainerlizenzen und könnte 
ja übergangsweise aushelfen, woraufhin er sein Weinglas umstieß, meine Hände dramatisch (so ist er) 
ergriff und sich nach meinem Visum erkundigte. Als ich antwortete, dieses sei noch bis Mitte 
September gültig, schloss er mich in die Arme und sagte nur "Gosh, she is uncomplicated!!!". Als ich 
bei späterer, alkoholisierter Runde auch noch in seinen Gesang einstieg, hüpfte ihm eine spontane 
Liebeserklärung raus und ich war fest engagiert.
Das heißt nun also: Glückskind Leo hat mal wieder ne Menge spontanes Glück gehabt, ich arbeite also 
jetzt halb bei SAFINA und einem zweiten Projekt, was erst im August für mich startet, halb in der Schule 
als Sport- und Tanzlehrerin und bekomme dafür Taschengeld und freie Unterkunft.
Was die Welt immer so für Überraschungen bereit hält, gut so, das Geld geht nämlich langsam aus und 
ich will doch noch nach Sansibar ;)
Genau das steht ab morgen an, da dort Ende des Monats das traditionelle Neujahrsfest gefeiert wird 
und ich mir das nicht entgehen lassen wollte. Himmel, ich muss wieder in einen Bus steigen... Und das 
obwohl ständig neue Unfall-Nachrichten kommen. Scheint, als wäre das Erlebnis hier wirklich alltäglich, 
bei einigen Gesprächen wurde mir sogar erzählt, es sei geradezu "normal", dass der Busfahrer nach 
so etwas gelegentlich mal umgebracht wird. Scheint, als hätte ich "Glück" gehabt..... Naja, hoffen wir, 
das Selbiges anhält, ich werde mich morgen vermutlich erstmal 7 Stunden an meinen Sitznachbar 
krallen. Ich hoffe, es ist jemand Nettes ;)

Medizinische Info für Tante Piedl: hab Doxy ausprobiert und die halbe Nacht einen heißen Kopf gehabt 
und mich danach für doppeltes Mückenspray entschieden, bin abends eh selten draußen und bisher 
reicht Mörderspray und Mückennetz.
Hab außerdem DIE Magen-Reisetabletten gefunden: Norzole (Norfloxacin with Tinidazole steht drauf), 
eigentlich gehts dem Magen bisher wirklich super, "cook it, boil it, peel it" ist auch brav immer im 
Hinterkopf aber bisher gabs erst einen schlechten Tag und den haben die Wundertabletten innerhalb 
von 10 Min gerettet. 
Tüddelü :)

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